Das war #vilereaders – Vile Bodies von Evelyn Waugh

Das war #vilereaders – Vile Bodies von Evelyn Waugh

Aufgrund von Urlaub und diversen Baustellen in meinem Haus, komme ich tatsächlich erst jetzt dazu, meine Gedanken zu “Vile Bodies” von Evelyn Waugh zusammenzufassen. Ulrike hat bereits ihre Gedanken zum zweiten Teil hier zusammengefasst. Hier kommen nun meine, allerdings gesammelt zum gesamten Rest des Buches.

Bizarr, interessant, schräg und lustig. Das sind die Worte, mit denen ich die Lektüre von Vile Bodies beschreiben würde. Die ersten vier Kapitel waren noch ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber jetzt mag ich das Buch richtig gerne.

Adam Symes geht seinen zukünftigen Schwiegervater besuchen, um um Geld zu bitten. Eine schon von Anfang an zum Scheitern verurteilte Aktion. Aber dieser Schwiegervater – Colonel Blount – ist ein absolutes Unikum. Schräg, verschroben, mit sehr vielen Eigenheiten, ein wenig schwerhörig, kommt es mit ihm zu den lustigsten Missverständnissen. Einen Check bekommt Adam, aber gültig ist dieser auf gar keinen Fall. Der Colonel lässt sich nicht für dumm verkaufen und manchmal hatte ich das Gefühl er ist absolut berechnend und spielt den schwerhörigen alten Mann nur, um in Ruhe gelassen zu werden. Außerdem hat der Colonel eine sehr interessante Regel: Beim Essen wird nicht gesprochen, sondern gelesen! Wenn Besuch da ist, bekommt dieser kurzerhand ein eigenes Buch. Kommunikativ ist anderes, allerdings bewahrt man sich so vor nichtssagendem Small-Talk oder anderen unangenehmen Themen.

vile-bodies-evelyn-waughEs folgen Kapitel mit dem Einschmuggeln eines Klatschreporters auf einer Party, einem Selbstmord im Ofen und Adam bekommt einen Job und es gibt eine Party in einem Zeppelin. Das Tempo ist schnell, auch wenn nicht großartig etwas passiert. Es ist die Momentaufnahme einer Gesellschaft; nicht nur der Bright Young Things, sondern auch der anderen Gesellschaft (Adel, Nichtadel, normal, reich, arm, jung, alt …). Die Aneinanderreihung von unterschiedlichen Szenen mit unterschiedlichen Protagonisten, die sich nach einer Weile wiederholen, erinnert mich zum Beispiel sehr an den Roman “Menschen im Hotel” von Vicki Baum. Es ist ein Spiegel der Gesellschaft, oft überzogen und surreal, kurios und lustig, aber auch wahr und real. Und dass der Autor das alles auf nicht einmal 200 Seiten schafft, ist bemerkenswert und äußerst lesenswert.

Besonders gefallen hat mir auch die Sprache. Evelyn Waugh schafft es mit kurzen Sätzen, ganze Filmszenen zu generieren. Zumindest hatte ich das Gefühl beim Lesen sofort eine ganze Szene erkennen zu können. Es gibt Sätze wie: “Magically, self-doubt began to spread in the audience.” (S. 84) So kurz, so stark. Die geschilderte Szene wurde sofort lebendig. Oder der ebenso kurze wie aussagekräftige Satz: “Then Adam became Mr. Chatterbox.” (S. 91) – Großartig!

Enormen Spaß machte es, das Kapitel 7 zu lesen, das mit dem eben zitierten Satz beginnt. Adam soll täglich eine Klatschkolumne schreiben. Er hat gewisse Vorgaben, welche VIPs er nicht erwähnen darf, da diese der Zeitung mit juristischen Folgen gedroht haben. Das erweist sich als schwierig und kurzerhand erfindet er Moden, VIPs und anderes. Nach einer Weile glaubt die Gesellschaft daran und die VIPs beginnen ein gewisses Eigenleben zu führen. Einfach herrlich!

Es folgen weiterhin, ein überdimensionierter Filmdreh, ein wahnwitziges Autorennen, ein alles umwerfender Telefondialog, eine Hochzeit, ein Tausch und ein etwas merkwürdiges – aber passendes – “Happy Ending”. Der Roman ist so bizarr, wie seine Figuren und genau das mag ich daran. Trotz der Kürze gibt es etliche Nebenstorys – z.B. die Geschichte der Engel von Mrs. Ape, der betrunkene Major und die anscheinend niemals endende Geldgeschichte, die Zwillingsschwestern Lady Throbbing und Mrs Blackwater, die sich so wunderbar um Riechsalz in die Haare kriegen konnten oder auch der Rektor und sein Auto. Zu jeder dieser Figuren hätte ich mit Freude noch mehr gelesen. Im grunde genommen ist “Vile Bodies” das Konzentrat einer ganzen dramatischen Fernsehserie, gepackt in knapp 200 Seiten. (Ich bin sehr gespannt, wie der Film dies umsetzt.)

 

// Evelyn Waugh, Vile Bodies, Penguin Modern Classics, first published 1930, ISBN 978-0-141-18287-2, 203 Seiten.

 


Hier sind die gesammelten Blogposts zu dem #vilereaders – Readalong:

Ulrikes Blogposts:

[Readalong #vilereaders] Evelyn Arthur St. John Waugh – Vile Bodies #1

[#readalong #vilereaders] Evelyn Waugh: Vile Bodies #2

Noch ein ganz dickes Dankeschön an Ulrike, die den Schriftzug mit dem Hashtag (s.o.) entworfen hat.

 

Meine Blogposts:

#vilereaders – Teil 1

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