#Advkal14 Türchen 5.12. // 7 Fragen an den BAG- und Bärenfelser Verlag

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Heute gibt es ein weiteres Interview in meiner Reihe Interviews mit Verlagen für Archäologie, Geschichte und Kultur. Im zweiten Teil hat Frau Dr. Claudia Greiner vom BAG-Verlag und Bärenfelser Verlag mir freundlicherweise meine Fragen beantwortet. Sie macht deutlich, wie schwierig es doch für einen Nischenverlag heute ist und welche Veränderungen sich in den letzten Jahren ergeben haben.

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1. Seit wann gibt es die beiden Verlage und wie sind sie entstanden?

BAG-Verlag seit 2000. Eigentlich gründeten wir uns als Grafikbüro mit Schwerpunkt auf archäologischen Dienstleistungen (Pläne, Karten, Fundzeichnungen etc.), aber viele Leute, die uns beauftragten fragten, ob wir auch das ganze Buch für sie machen würden.

Bärenfelser Verlag seit 2009/2010. Zusätzliches Label für Regionlia, da sich hier ein neuer Schwerpunkt entwickelte, dessen Themen aber nicht immer zu dem eines wissenschaftlichen Fachverlag passen.

 

2. Wo liegt der Programmschwerpunkt?

BAG: Archäologische und Historische Fachliteratur / Dissertationen / Kongressberichte / Forschungsarbeiten

Bärenfelser: Regionalia, vor allem (aber nicht nur) mit oft heimatgeschichtlichem oder mundartlichem Ansatz, Schwerpunkt im Remstal.

 

3. Wie stehen Sie zu der digitalen Entwicklung? Ebooks, Digitalisierung, OpenAccess?

E-Book: Gute Ergänzung zum klassischen Print-Book im Belletristik-Bereich, im wissenschaftlichen Bereich aufgrund der schlechteren Handhabbarkeit (insbesondere für Abbildungen) weniger sinnvoll (außer für Nachschlagewerke)

Digitalisierung: Sinnvoll für vergriffene oder nur schwer erhältliche Werke. Voraussetzung ist aber, dass dies auch mit einer entsprechenden Vergütung für Autor und Verlag verbunden ist (Ähnlich wie für Bibliotheksnutzung: Ein Exemplar – mehrere Nutzer). Nicht autorisierte Digitalisierungen, die dann verkauft oder frei heruntergeladen werden, müssen als Raubkopien geahndet werden.

Open Access: Aus Sicht des Wissenschaftlers (bin promovierte Archäologin, genau wie mein Mann) ist es natürlich sehr angenehm, wenn man nicht mehr Wochen oder gar Monate auf Fernleihen warten muss, sondern das, was man braucht schnell und zeitnah bekommt. Veröffentlichungen über Open Access haben zudem den Vorteil für den wissenschaftlichen Autor kostenlos zu sein.

Meines Erachtens überwiegen aber die Nachteile, sowohl aus wissenschaftlicher, wie aus Verlagssicht.

Aus wissenschaftlicher Sicht: Die leichte Verfügbarkeit der übers Netz zugänglichen Informationen verführt dazu, sich die Arbeit einfach zu machen. Was nicht gleich übers Netz erhältlich ist, wird nicht mehr gesucht und nicht mehr wahrgenommen. Dies führt damit auch zu einer Senkung des wissenschaftlichen Niveaus.

Zahlreiche Kollegen, die an den Universitäten in der Lehre tätig sind beklagen bereits jetzt einen erheblichen Rückgang in der Qualität vieler Arbeiten, weil viele Studenten und junge Wissenschaftler nicht mehr bereit (oder fähig?) sind, umfassende wissenschaftliche Recherche zu betreiben. Auch in der Auswertung kann dies zu schlampiger Arbeit führen, Copy + Paste ist einfach zu verführerisch – aber das ist zugegebenermaßen eher ein Problem des Autors, als etwas, was man Open Access vorwerfen kann. Nicht redaktionell betreute Open Access-Publikationen können inhaltlich erhebliche Fehler enthalten (von der Form ganz zu schweigen).
Aus Verlagssicht: Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass Open Access eine existenzielle wirtschaftliche Bedrohung für kleinere Wissenschaftsverlage ist, da dadurch gleich mehrere Bereiche wegfallen:

– Abschlussarbeiten, das „Brot“ vieler Verlage werden kaum mehr (kostenpflichtig) gedruckt – auch die Einnahmen aus dem Verkauf der Bücher sinken massiv.

– Forschungsarbeiten, die im Bereich Archäologie/Geschichte/Kunst ja oft im Rahmen von offiziell geförderten Projekten (DFG etc.) entstehen, dürfen oft nicht mehr klassisch gedruckt, sondern nur noch über Open Access verbreitet werden. Damit fallen nicht nur die Einnahmen aus dem Verkauf weg, sondern vor allem auch die Einnahmen aus Redaktion, Bildbearbeitung, Satz- und Layout. Diese werden immer öfter gleich im Rahmen des Projekts von dessen Mitarbeitern geleistet, weil man dies für billiger hält (was nicht der Fall ist, wenn man es richtig macht), als es einem professionellen Verlag/Grafikbüro zu geben.

– Es bleiben eigentlich nur noch Projekte im „populärwissenschaftlichen“ Bereich übrig. Diese können jedoch von kleineren Verlagen kaum entsprechend finanziert werden – sowohl in der Herstellung, als auch in der Bewerbung.

 

4. Wie finden Sie Autoren bzw. wie entstehen neue Buchprojekte bei Ihnen?

Autoren kommen oft über Empfehlungen, bzw. gerade im Regionalia Bereich über „ich habe gesehen, dass sie das Buch xyz gemacht haben“ zu uns.

 

5. Gibt es etwas, das Sie im letzten Jahr in der Buchbranche besonders begeistert hat oder auch besonders erschreckt hat?

Besonders erschreckt hat mich, wie schnell sich das Bild wissenschaftlicher Verlage geändert hat. Von einem Dienstleister, der für Standard, Qualität und Verbreitung wissenschaftlicher Forschung zuständig ist, sind sie innerhalb kürzester Zeit nicht nur für die Öffentlichkeit und Politik, sondern vor allem auch in der Wissenschaft selbst zu „geldgierigen Monopolisten“ geworden, die sowohl der Volkswirtschaft schaden (weil sie unnötig Geld kosten), als auch der Wissenschaft (weil sie die Verbreitung von wissenschaftlichen Ergebnissen durch die Bindung an ein kostenpflichtiges Produkt angeblich erfolgreich verhindern).

 

6. Was wünschen Sie sich für die Zukunft für den Bereich der Archäologie-, Geschichts- und Kunst-Verlage?

Eine sinnvolle Abstimmung und Honorierung der verschiedenen Publikationsarten. Klassisches Buch, E-Book und auch Online-Publikation können sich für verschiedene Nutzertypen, bzw. Nutzungsarten durchaus ergänzen. Dies setzt aber voraus, dass nicht ein Publikationsweg von vorn herein (sei es durch Druck der Politik oder durch ‚Scheuklappen‘ der Autoren ) vorgeschrieben wird. Nicht jedes wissenschaftliche Buch muss für teures Geld in einer 500er Auflage gedruckt werden – Digitaldruck/Print – on Demand läßt hier in er Zwischenzeit auch qualitativ hochwertigere Produkte in kleiner Stückzahl zu – aber auch nicht jedes Thema wird durch eine reine Online-Publikation optimal nutzbar.

 

7. Zum Schluss natürlich noch die Frage: Was kam gerade druckfrisch aus ihrer Druckerei?

9783863720346Bezeichnenderweise kein wissenschaftliches Buch, sondern eine „fiktive Geschichte“ des Ortes Löwenstein (nahe Heilbronn). Der Autor – Militärhistoriker und Sohn des ehem. Bürgermeisters – greift Ereignisse und Archivnotizen aus der Geschichte des Ortes auf und formuliert daraus in klassischem wissenschaftlichem Stil „Historisch wahre Fiktionen“ (Eberhard Birk, Im Schatten der Burg zu Löwenstein. Historisch wahre Fiktionen).

So wird aus einem merkwürdigen Umbau der Burg Löwenstein die Vorbereitung für den dort der Symbolwirkung wegen einst geplanten Gefängnisaufenthalt von Richard Löwenherz, aus der in Archivnotizen knapp überlieferten Nachricht, dass ein Löwensteiner Bürger im Heer Napoleons vor Moskau stand, wird ein Hufschmied, der durch Unachtsamkeit den Brand Moskaus auslöste und aus der Borkenkäferplage der 80er Jahre ein gut getarntes militärisches Ablenkungsmanöver zu Zeiten des Kalten Krieges. Und das ganze so unterhaltsam gut und wissenschaftlich überzeugend geschrieben, dass auch ich als Historiker mich ständig dazu zwingen muss zu denken: Nein!.. es war nicht so… es hätte nur vielleicht so sein können!
Website: http://www.bag-verlag.de/

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Hier sind weitere Teile der Interviewreihe:

7 Fragen an Librum Publishers

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Die Zahlen sind von Kerstin von minidrops.de.

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