„Söhne und siechende Seelen“ habe ich auf der Bahnfahrt zur Leipziger Buchmesse angefangen und auf der Rückfahrt nach Hause ausgelesen. Trotz vollem Zug, Kindergebrüll, telefonierenden Geschäftsmännern und eigener Messemüdigkeit konnte ich dieses wunderbare Buch einfach nicht beiseite legen.
Alper Canigüz (bitte um Entschuldigung, aber aus irgendeinem Grund weigert sich mein Computer aus dem i ein i ohne Punkt zu machen, trotz Sonderzeicheneingabe) erzählt die Geschichte von Alper Kamu. Einem kleinen fünfjährigen Literaturliebhaber, der seine Eltern überzeugt hat, dass der Kindergarten unnötig für ihn sei und den Chef seines Vaters erpressen will, damit dieser nicht versetzt wird. Ein interessantes Bürschchen also, das sich keiner Herausforderung wiedersetzt- sei es die Aufklärung eines Mordes, ein Sprachduell mit dem gefürchteten Staatsanwalt oder die Verteidigung der Fußballerehre seiner Freunde und Spielgefährten. Vorlaut, clever und mit weisen Sprüchen kämpft sich Alper durch den Alltag und hat bei aller spannungsgeladener Ausflüge und Freiheiten trotz allem die gleichen Probleme, wie viele andere Fünfjährige auch: Er mag es nicht, wenn seine Eltern sich streiten, sucht Aufmerksamkeit oder einfach nur einen guten Freund zum Reden.
Bei dem Mordfall handelt es sich um den Mord am ehemaligen Polizeidirektor, der in der Nachbarschaft von Alper wohnt. Aufgrund seiner Neugierde ist er als erster am Tatort und somit ein wichtiger Zeuge. Seiner Meinung nach verdächtigt die Polizei sofort den Falschen – und Alper macht es sich ab sofort zur Aufgabe, diesen zu entlasten und die Wahrheit herauszufinden.
Außerdem besitzt dieses Buch einen großartigen ersten Satz, der schließlich den Ausschlag dafür gab, dass ich es gekauft habe:
„Mit fünf Jahren befindet sich der Mensch auf der Höhe seiner Reife, danach beginnt er zu faulen. Ich, Alper Kamu, wurde vor einigen Monaten fünf. Während mein Geburtstag näher rückte, stand ich die meiste Zeit am Fenster, um die Menschen draußen zu beobachten. Ihr Leben verbrachten sie damit, zu beschleunigen, zu verlangsamen, alle möglichen Töne von sich zu geben und durch die Gegend zu gucken. Es machte mich krank, daran zu denken, dass ich eines Tages so werden würde wie sie. Leider gab es da keinen Ausweg. Die Zeit war grausam und ich alterte schnell.“
Mit solchen und anderen altklugen, besserwisserischen aber auch immer amüsanten und ironischen Sprüchen aus dem Mund des fünfjährigen Alper ist das gesamte Buch gespickt. Ein pures Lesevergnügen!
Alper Canigüz, Söhne und siechende Seelen, binooki 2012, ISBN 978-3943562019, 224 Seiten.
Schade dass ich z.zt. keine Zeit zum lesen habe. Das Buch ist bestimmt toll.
Toll die drei Fotos rechts.
LG uschi