Ich war bei meinem ersten Schreibretreat und es war toll! Mitten im November, mitten im Nanowrimo haben Nadine von @mostlynadine und ich ein Ferienhaus mitten im Nirgendwo in der Flensburger Förde gebucht und noch Mitschreiber*innen gesucht. Es haben sich noch drei weitere gefunden. Wir waren also insgesamt zu fünft.
Das Besondere daran, wir kannten uns alle nur aus dem Internet. Ein Abenteuer, der besonderen Art. In Chats und Kommentaren haben wir uns schon seit einiger Zeit ausgetauscht, aber dieses berühmte IRL (in real life) Treffen, das gab es vorher noch nicht. Entsprechend hoch war die Nervosität bei allen. Verständlich.
Und trotzdem hat das Experiment Schreibwoche voll und ganz funktioniert. Wir hatten jeder ein eigenes Zimmer und somit immer eine Rückzugsmöglichkeit. Das Essen, Einkaufen, Spazieren gehen und Ausflüge organisieren funktionierte super. Jeder wie er gerade Lust und Energie hatte und trotzdem haben wir es geschafft uns regelmäßig auszutauschen. Schon nach dem ersten Tag pendelten wir uns aufeinander ein und eine gemeinsame Aktivität war jeden Tag das gemeinsame Kochen und Essen des Abendessens. Während des Essens aber auch immer wieder über den Tag verteilt, entspannen sich ganz spannende Diskussionen und Erzählungen. Wir diskutierten sehr offen grammatikalische Fragen, aber auch schon philosophische Aspekte, warum wir Deutschen manchmal so verrückt sind und immer die Extreme brauchen.
Das wertschätzende Miteinander und auch die anspornende Motivation waren eine unglaubliche Mischung. Ich habe sehr viel mehr in dieser einen Woche geschrieben und vermisse jetzt schon den geplänkelten Austausch über solche Fragen wie „was ist der Unterschied zwischen Worte und Wörter“, wie beginne ich am besten eine Geschichte, vor welchen Herausforderungen stehe ich gerade, muss ich nachplotten, muss ich erstmal eine Karte zeichnen, damit Figur A nicht durch eine Tür geht, die vorher gar nicht dagewesen ist und wie erstellt man neue Planeten.
Wir waren eine solch vielseitige Truppe und hatten aber alle die Liebe zum Schreiben gemeinsam. Es gab natürlich auch schwierige Situationen. Zum Beispiel die Situation mit den Stühlen. Der Tisch war großartig und richtig schön groß, aber die Stühle sind dann für dauerhaftes Sitzen und Autorinnenen, die von morgens 9 bis abends um 22 Uhr oder noch länger darauf sitzen nicht so ganz gedacht. Es wurden Kissen geplündert und die kreativsten Sitzmöglichkeiten ausprobiert.
Ich persönlich fand einen regelmäßigen Wechsel beim Schreiben vom Tisch, zum Sessel zur Couch und wieder zurück sehr angenehm.
Das erste Schreibretreat hat mir sehr gut gefallen und ich würde es jederzeit wieder machen. Wir hatten jetzt bewusst kein großes Programm vorbereitet, sondern wollten es erst einmal auf uns zukommen lassen. In den englischsprachigen Regionen werden diese Writing Retreats auch gerne als kleine Mini-Konferenzen mit einem ausgeklügelten Programm angeboten. Das kann natürlich auch sehr interessant sein. Aber ich fand es gerade spannend, einmal den ganzen Tag Zeit für das Schreiben zu haben und seinen ganz eigenen Rhythmus zu finden.
Das Haus lag noch dazu ganz abgelegen und wir wurden morgens von Eichhörnchen und Vögeln begrüßt. Über den Tag verteilt gesellten sich dann auch ein Fischreiher, Rehe und sogar Feldhasen hinzu. Man sieht, das Haus lag in einer sehr abgelegenen Gegend. Es war traumhaft ruhig. Ma gewöhnt sich sehr schnell an diese Ruhe. Und als am ersten Tag dann irgendwann mal ein Traktor auf der Straße vorbeifuhr reagierten wir alle ganz überrascht. 😉 Oh Menschen!
Außerdem liebe ich es, wenn Autor*innen aufeinandertreffen, werden die großartigsten Sätze gesprochen. Ich habe versucht, mir ein paar zu merken und natürlich geben sie auch ohne den direkten Kontext manchmal nicht so wirklich viel Sinn. Aber ich mag sie trotzdem sehr gerne.
- Bett hat Kante.
- Ich habe heute einen Planeten erstellt.
- Oh, ein Eichhörnchen.
- Ich brauche heute einen doppelten Nano.
Und es sind tolle Wortneuschöpfungen entstanden, von denen ich aber noch nichts verraten darf. Was mich zu einem weiteren Punkt bringt. Unsere Geschichten sind genauso vielseitig und unterschiedlich wie wir alle fünf und ich weiß aber schon jetzt, dass ich alle lesen möchte. Wir hatten folgende Genres dabei: Fantasy, Contemporay Fiction, Science Fiction, Cyberpunk und Krimi. Ist das nicht großartig?
Ach ja und natürlich kamen jede Menge Plotgeister täglich vorbeigeflogen, angefangen mit der Thrilleridee, 5 Autorinnen in einem einsamen Haus, was passiert? Wer wird überleben? Und dann noch eine Idee für eine Piratenserie, die sich anhand eines Premade-Covers entwickelt hat. Vielleicht müssen wir die nächste Schreibwoche mit einem kleinen Disclaimer ausstatten: Für zugeflogene Plotgeister und hüpfende Plottbunnies wird keine Haftung übernommen.
Ich freue mich, wenn wir die nächste Schreibwoche planen. Denn eines ist sicher, die nächste kommt bestimmt. Das ist zumindest für mich ein weiteres Ziel für 2023.
Liebe Stephanie, was für ein toller Blog-Post. Ich war auch eine der famous five in der Flensburger Förde und finde, dass du die besondere Stimmung in der Autoren-Woche total zutreffend auf den Punkt gebracht hast: motivierend, witzig, inspirierend, gesellig, ein bisschen crazy und unfassbar produktiv. Jederzeit wieder. Die Fotos sind auch richtig schön.
Liebe Sigrun,
danke danke danke für deine lieben Worte.
Viele liebe Grüße
Stephanie
Schöner Post & tolle Bilder!
Ich wäre auch sofort wieder dabei. Egal ob in einer einsamen Waldhütte, irgendwo in den Bergen oder auf einer einsamen Insel. 😀
Konferenz-Gedöns brauch ich persönlich ja nicht. Ich fands genau so wie es war großartig. Abgesehen von Matratze und Stühlen halt.
Muss mich auch arg beherrschen nicht nach Unterkünften zu suchen…
Danke Svea. Ich sehe schon, die zweite Autorinnenwoche wird schon mal für 2023 auf die Jahresplanung gesetzt. 😀