Wusstet ihr, dass man nur eine Autorin und ein beliebiges Thema benötigt, um etwas völlig Abwegiges zu erhalten? Nicht? Na dann wisst ihr es jetzt. Das Rezept ist ganz einfach. Ich zeig es euch:
Man nehme eine Autorin. Es muss eine Autorin sein, die gerade in der Überarbeitung eines Schreibprojektes steckt – vorzugsweise ihrem Roman. Dabei ist es egal, ob sie gerade erst angefangen hat den ersten Entwurf zu schreiben oder mitten in einer Überarbeitungsphase steckt. Das funktioniert immer. Dann füge man ordentlich Selbstzweifel, Imposter-Syndrom und eine gute Prise Social Media hinzu. Das köchelt man auf kleiner Flamme ewig lange. Es kann sein, dass ein paar verrückte Ideen herausspritzen. Manchmal verfängt sich eine in der Küchenschürze und lässt nicht mehr los. So entstehen in der Regel neue Schreibchallenges. Manchmal macht die Autorin diese alleine, manchmal gibt es eine genauso große und ebenso verwirrte, süße Community, die es mitmacht oder der sich die Autorin anschließen kann. In jedem Fall, ist sie total angefixt von den neuen Ideen und beginnt als erstes ein Brainstorming zu machen. Dann breiten sich die ersten Konzeptfäden aus und schon steckt die Autorin mittendrin in der Geschichte – ähm Recherche.
Eine solche verrückte Idee war meine Kolumne. Diese Autorin hier, dachte, es sei eine hervorragende Idee ins Schreiben zu kommen. Dass das alles einen kleinen Eigendrive bekommt. Und in einem kleinen Moment, wo diese Autorin mal nicht gedacht hat, sondern gemacht, hat sie ihre Familie und Freunde nach Themen für Kolumnen angefragt. Familie und Freunde lieferten prompt und sehr gerne. Ergebnis: Sie ist nun stolze Besitzerin eines kleinen Glases mit ca. 30-40 Kolumnenthemen auf weißen kleinen Zetteln geschrieben und gefaltet. Denn was schon in der Lesecommunity für Erfolg beim Abbau des TBR (To be read) oder SUB (Stapel ungelesener Bücher) hilft, dass kann ja für Autor*innen nicht allzu weit weg sein. Mein Kolumnenthemen-Glas existiert.
Jetzt versuche ich jede Woche einen Zettel zu ziehen und zu dem Thema, das auf dem Zettel steht, eine Kolumne zu schreiben. Manchmal klappt das super und ich habe gleich einen Anfang. Manchmal klappt es auch nur so halbgut und ich schreibe 5 unterschiedliche Anfänge und bei keinem macht es klick. Oder meinetwegen auch ping. Je nachdem was euer Gehirn von sich gibt, wenn ihr merkt, dass ist die richtige Richtung.
Heute ist das Thema „Lavendel“. Ein tolles Thema. Wirklich! Mir mag nur in diesem einen Moment überhaupt nichts einfallen. Und damit beginne ich natürlich gleich wieder meine gesamte Schreibchallenge in Frage zu stellen.
Das Schreiben ist wirklich nicht einfach. Denn man muss das eigene Hirn nutzen und ratet mal, wer der größte Antagonist in meinem Leben ist? Genau, mein eigenes Hirn und seine Umwege die es manchmal nimmt. Reinster Schreibwahnsinn.
Also fange ich irgendwie an und hoffe, dass ich am Ende bei dem Thema Lavendel herauskomme. Immerhin ist das eine Kolumne in meinem Blog und die Chefredakteurin wird schon nicht groß Einspruch erheben. Schließlich ist es mein Blog und die Chefredakteurin ist schon froh, wenn überhaupt zwei (oder drei) Wochen hintereinander ein Blogbeitrag erscheint, nach fast sechs Monaten unkommentiertem Stillschweigen.
Das Ziel ist also Worte einigermaßen leserlich aneinanderzureihen und nachher auf veröffentlichen zu klicken. Ich hoffe sehr, dass das klappt. Wir werden sehen. Drückt mir die Daumen.
Also fassen wir noch einmal zusammen: Ich habe ein Thema. Der Laptop steht vor mir und Word ist geöffnet. In der nächsten halben Stunde habe ich keine Termine oder muss irgendwas erledigen. Und wenn ich will, habe ich sogar die Freiheit im Internet nach Lavendel zu recherchieren. Das sind doch eigentlich hervorragende Bedingungen dafür, dass am Ende auch eine Kolumne herauskommt.
Sollte man denken.
Eigentlich.
Ihr merkt, ich schwanke noch ein wenig, wie ich es schaffe, wirklich zum Thema zu kommen.
Die klassischen Einstiege, mit einer Episode aus dem Alltag zu starten oder einen interessanten Fun Fact rauszuhauen, funktioniert in diesem Falle leider nicht. Denn ich habe keine witzigen oder aufregenden Episoden aus meinem Alltag, in dem in letzter Zeit Lavendel eine ausschlaggebende Rolle hatte und da es sich bei Lavendel um eine Pflanze handelt, kenne ich auch keine Fun Facts. Ich weiß nur, dass er wunderschön lila blüht und in der Regel gerne von Bienen angeflogen wird. Das war es dann aber auch schon. Und für irgendwelche Heilmittel oder Parfüms ist Lavendel auch noch super. Um die mache ich aber immer einen weiten Bogen, denn die vertrage ich ähnlich gut wie Weihrauch – nämlich gar nicht.
Andererseits, wenn ich jetzt so darüber nachdenke: Vielleicht kann ich mit Lavendel mal jemanden umbringen. Das wäre doch witzig. Also als Mordmethode im Buch. Keine Sorge. Ihr müsst nicht gleich die Polizei rufen. Als Krimiautorin muss man immer höllisch aufpassen, was man so erzählt. Manche Sätze und Gedanken aus dem Kontext genommen, könnten sträflich falsch verstanden werden. 😉
Ich weiß auf jeden Fall jetzt, was ich gleich auf die Rechercheliste setze: Ist jemand schon einmal an Lavendel gestorben? Allergische Reaktion? Vielleicht irgendwie so etwas? Mein Plothirn sucht schon gleich nach besonderen Plotpoints und aus welcher Perspektive man eine solche Geschichte schreiben könnte.
Eine erste Suche ergab, dass Lavendel für Menschen wohl eher nicht giftig ist. Vielleicht muss ich den Lavendel dann doch anders einbauen. Nicht als Mordmethode, sondern als Kennzeichen. So in die Richtung: Am Tatort schwebte immer ein leichter Lavendelgeruch in der Luft. Oder ein Lavendelbeet wird zum Tatort. „Mord im Lavendel.“ Das wäre doch mal ein guter Titel oder?
Vielleicht trägt auch das Opfer einen kleinen Lavendelzweig am Revers des Smokings und keiner weiß warum. Es ist ein kleines Detail, das keinerlei Sinn ergibt und die Ermittler in den Wahnsinn treibt. Es ist etwas, das immer offen und unbeantwortet bleibt. Ein Detail womöglich, dass sogar die Autorin vergessen hat aufzulösen und nun in der Überarbeitung verzweifelt nach einem guten Grund für ein solches Detail wie einen Lavendelzweig am Revers sucht. Sie muss sich doch dabei etwas gedacht haben, ansonsten hätte sie so etwas außergewöhnliches niemals aufgeschrieben. Sie hasst Lavendel. Das macht einfach keinen Sinn. Wo sind nur die Notizen, die man mal vor langer, langer Zeit notiert hat? Gab es da etwas zur Bedeutung von Pflanzen und ihrer Sinnhaftigkeit als Symbole in Erzählungen? Nein, das hat sie gerade selbst erfunden. Was hat der Lavendel nur zu bedeuten? Oder soll sie ihn einfach rauslöschen. Der Mittelfinger der rechten Hand schwebt schon über der Löschen-Taste. Der Teilsatz mit dem Lavendelzweig ist schon markiert. Im Bruchteil einer Sekunde wäre sie das Problem los. Soll sie dieses Detail einfach löschen? Es ist zu verlockend.
Dann öffnet sie einfach noch einmal den Browser und eine Suchmaschine und vertieft sich in eine tiefergehende Recherche. Man sieht sie erst nach zwei Stunden wieder leicht verwirrt auftauchen, den Kopf voll mit Dingen, die allerdings alle nichts mehr mit Lavendel zu tun haben. Denn wie das bei der Recherche manchmal so ist, man kommt vom Lavendelzweig auf das Gestalten der Terrasse, zum Anlegen eines Minihochbeetes und landet schließlich bei den Vor- und Nachteilen von Minibücken in künstlichen Gärten.
Ich denke, ich muss jetzt dieses Browserfenster schließen und wir sehen uns zum nächsten Thema.
Viele Grüße von einer Stephie, die auch schon wieder über Mord im englischen Garten grübelt.