Die zweite Woche des Readalongs von Tom Hillenbrands „Gefährliche Empfehlungen“ ist vorbei und hier kommt der zweite Check-in. Ich habe den zweiten Teil im Grunde genommen in zwei Tagen gelesen. Einmal am Anfang der Woche und gestern den Rest. Es macht mir mehr Spaß, wenn ich von dem Buch größere Teile am Stück lesen kann und nicht nur z.B. 10 Seiten jeden Tag. Ich will ständig wissen wie es weitergeht.
Wie geht es weiter?
Nachdem die Grundlagen im ersten Teil (bis Kapitel 12) gelegt waren – Personen wurden vorgestellt, jemand wurde ermordet und etwas Wertvolles wurde gestohlen – geht es nun mit den Recherchen los. Es startet im Grunde genommen eine regelrechte Schnitzeljagd: Kieffer möchte herausfinden, warum der Guide Gabin von 39 so besonders ist und versucht einen zu ergattern. Die Suche nach dem Buch führt ihn zu einem Forscher, einer Bibliothekarin und auch zu Köchen. Die Buchprofis (Akademiker und Bibliothekarin) haben keinen Erfolg. Zwischen diesen Kapiteln, in denen der luxemburgische Koch versucht herauszufinden, wie man an einen Guide kommen könnte, sind immer wieder Rückblenden aus dem zweiten Weltkrieg eingeschoben. Der Leser beobachtet auch den Soldaten Fisher, wie er versucht, sein Ziel durch die verschlüsselten Nachrichten zu finden. Wir verfolgen praktisch zwei Schnitzeljagden. Schließlich findet Kieffer einen und wird prompt wieder verfolgt.
Eindrücke
Die Wege, die er wählt sind spontan, er hört mehr auf seinen Instinkt, als das er systematisch an die Suche drangeht. Erstaunlicherweise führt aber genau das zum Ziel. Und die Herangehensweise passt zur Figur, die nicht nur jeglicher Technik gegenüber skeptisch ist, sondern auch Bibliotheken. Es gibt immer wieder Szenen, in denen ich Schmunzeln muss. Die Eröffnung des neuen Restaurants von Esteban, zu der Valerie und Xavier eingeladen sind, ist zum Beispiel eine solche. Herrlich. Hier ist alles vertreten, was der Koch nicht ausstehen kann, aber die Sauce und das Steak sind erstaunlich gut. Und er kann das zugeben. Ein sehr sympathischer Zug an dem grummeligen Luxemburger.
Gefallen hat mir auch die Figur des Mondanglers, einen Begriff den ich vorher noch gar nicht kannte. Aber eine hervorragende Figur für die Suche nach einem außergewöhnlichen Buch. Ich bin sicher, ausgerechnet diese schräge Person schafft es einen zu finden.
Kulinarik
Und was ist nun mit dem ganzen Kulinarischen? Viele der Szenen spielen bisher in Paris, anderen Orten von Frankreich, Berlin, aber auch in Luxemburg. Kieffer sitzt oft in Restaurants um nachzudenken, trifft sich mit seinen Terminen in Restaurants und Cafés oder überbrückt die Zeit dort. Es werden jede Menge französische Spezialitäten beschrieben. Und auch das Buch, das Kieffer nebenbei noch erworben hat, den Escoffier ist anscheinend das einzig wahre (Grund-)Werk für die schwere französische Küche. Die Beschreibungen daraus hören sich auf jeden Fall sehr deftig an. Das Essen wird immer wieder in die Story eingestreut, ist aber nicht dominant. Hier mal einen Wein mit einem kleinen Bistrogericht, dort mal ein Vier-Gänge-Menü. Hungern müssen Hillenbrands Figuren auf jeden Fall nicht.
Hier mal ein Beispiel (S. 112 ff.): Valérie und Kieffer besuchen das „Pied de Cochon“ in Paris, das es tatsächlich noch gibt. Hier essen sie:
Vorspeisen:
Entenstopfleber mit Schalottenchutney
Salade Gourmande
Hauptgerichte:
Noix de Saint-Jacques à la provencale
Tatar vom Charolais
Die Beschreibungen des Essens sind schon immer sehr verlockend, aber vieles bleibt da doch ohne eine konkrete Vorstellung, es sei denn man hat es schon einmal gegessen. Um dem wenigstens ein bisschen abzuhelfen, habe ich ein Pinterest-Board erstellt, auf dem ich die erwähnten Speisen in dem Buch sammele. Da kann man zumindest einen optischen Eindruck erhalten.
Pinterest-Board Gefährliche Empfehlungen // Food
Wie hat euch denn der zweite Teil gefallen?
Es geht weiter und mir geht es genauso, dass ich das Buch am liebsten zu Ende lesen möchte. Zügele mich aber. Nachfolgend wieder einige Passagen, die mich wieder zum schmunzeln bzw. lachen brachten.
U.a. wurden Amerikanern eine französische Spezialität vorgesetzt, die nicht wussten, was sie da bestellt hatten und zwar Schweinefuß. Den Aufschrei konnte ich bis hier hören. (Exkurs: Ich kann mich noch gut erinnern, daß mein Vater in den 1960igern Schweinefüsschen und auch Schweineohren beim Metzger gekauft hat und die dann zu Hause gekocht wurden. Viel Fleisch war da ja nicht dran und die Ohren waren sehr knorpelig.)
Bei manchen französischen Gerichten hätte ich mir im Glossar, wie das auch bei den Luxemburgischen ist,eine Übersetzung gewünscht.
Die Rückkopplungen in den 2. Weltkrieg gefallen mir auch gut und der Spannungsbogen baut sich jetzt immer mehr auf.
Der Autor nimmt auch die EU-Bürokratie auf den Arm. “Bibliothek im Parlament beinhaltet z.B. Richtlinien über die Größe von Äpfeln oder die Form von Traktorensättel in 24 Sprachen.”
Mit der zunehmenden Küchen High Tech kommt unser Koch auch noch nicht klar. Er würde sich erschießen, wenn demnächst ein Küchenroboter einen Stern bekäme.
Lustig fand ich auch den 90 jährigen ” Meisterkoch”, der Kieffer einiges zu probieren gab, wobei Kieffer sehr diplomatisch war, was z.B. den Wolfsbarsch betraf. Zitat: “Die Soße ist perfekt, der Blätterteig wunderbar. Der Fisch ist ein wenig übergart.” Dabei dachte er, daß der Wolfsbarsch zweimal gestorben war und der Poissonnier ihn nochmals gemordet hatte. Er war trocken, zäh und eigentlich nicht genießbar. Nun denn und zum Abschluß hat man ihm den Streich mit den angepinselten Schuhen gespielt, wie auch mit Elton John. Eben ein 90 Jahre alter Lausbub.
Aber jetzt kamen Russen ins Spiel, die für Action sorgten und Kieffer konnte froh sein, daß ihn ein Rudel asiatischer Touris, die wohl überall auf der Welt nicht mehr wegzudenken sind,aus der misslichen Lage befreite.
So ich muß jetzt weiterlesen.
P.S.
Was mich noch aus dem 1. Teil des Buches interessieren würde, muß der finnische Freund von Kieffer, das alles bezahlen, was er im Restaurant von Kieffer verzehrt? Ist ja nicht immer wenig:-)
Es sind viele kleine Szenen, die viel Amüsantes enthalten. Er hat eine gute Beobachtungsgabe. Man nimmt ihm vieles auf jeden Fall ab. Die Szene mit den Schweinefüßen kann tatsächlich so beobachtet worden sein. Es wirkt real. Und der Autor mag offensichtlich Figuren, die etwas aus dem Rahmen fallen. Der 90jährige Sternekoch ist wieder so ein Unikum für sich. Und auch Kieffer selbst ist ja ganz einzigartig auf seine Weise.
Was die PS-Frage angeht: Keine Ahnung. Das wird bisher nie erwähnt. Aber irgendwie werden die das schon regeln. 😉