Zu viele Ideen sind tödlich. Sie ersticken die Produktivität.
Nehmen wir zum Beispiel diese Kolumne heute. Ich habe als Thema „Drachen“ bekommen. Ein großartiges Thema, wie ich dachte. Und jetzt schleiche ich seit drei Wochen um dieses Thema herum und komme nicht weiter. Ich habe etliche Male angesetzt und mal hier einen Absatz geschrieben und mal dort. Dann wieder gelöscht und schon kam die nächste Idee. Und noch eine. Nehme ich die Drachen als Teekesselchen? Schreibe ich über ihre Vielfalt in der literarischen und filmischen Welt? Schreibe ich darüber wie süß (Ohnezahn) oder reißerisch (Game of Thrones, HdR…) sie sein können? Lasse ich mich auf philosophische Wege verschlagen?
Nein. Weder noch.
Ich lasse die Drachen Drachen sein und widme mich lieber dem Thema mit der Qual der Wahl und dem Überschuss an Idee. Seitdem ich mit dem Schreiben angefangen habe, kommen ständig neue Ideen hinzu. Es sind Ideen zu Szenen, Figuren, Büchern, Titeln oder auch Fragmente von Dialogen. Es sind Ideen zu Welten, die ich erschaffen möchte und eben auch Ideen zu Kolumnen oder Texte, die ich einfach mal schreiben will. Im Großen und Ganzen bin ich ganz gut darin, diese Ideen in meinen zahlreichen Notizbüchern (analog wie auch digital) zu notieren und dann an meinen aktuellen Projekten weiterzuarbeiten. Aber ab und an komme ich aus dem Trott. Dann habe ich meine Gewohnheiten unterbrochen – wie etwa jede Woche eine Kolumne zu veröffentlichen – und dann denke ich zu viel nach. Dann ist das Tor der Ideen geöffnet und sie strömen herein. Gleichzeitig stelle ich sie in Frage und damit bin ich mitten in einer Diskussion mit mir selbst. Und das ist der Tod jeder Produktivität. Das ist der Tod des Schreibens. Zu viel mit sich selbst diskutieren und Vor- und Nachteile einer Idee durchexerzieren, ehe sie erst auf dem Papier steht – wow, das ist der Beginn des Prokrastinierens.
Es ist wie mit so vielem, sei es Netflix, Alkohol, Instagram oder Donuts: In Maßen ok, in Mengen eher schädlich. Hat man den Punkt überschritten, in dem man sich innerhalb der ersten 30 Sekunden für einen Film oder eine Serie entschieden hat, dann landet man im Doomscrolling. Es gibt zu viele Möglichkeiten. Zu viele Ideen. Die Qual der Wahl. Zu viele potentielle Versprechungen einer grüneren, spannenderen, witzigeren Wiese.
Und damit ich endlich aus dem Doomscrolling der Ideen herauskomme, greife ich zu einem altbewährten Mechanismus:
Ich hüpfe auf die Metaebene.
Schaue mir das große Ganze an.
Und schreibe über die Schwierigkeit, eine Idee zu den Drachen herauszupicken, die Perfektion links liegen zu lassen und endlich wieder in das Schreiben zu kommen.
Vielleicht hat es diesmal funktioniert. Wer weiß das schon. Es wird sich erst in einer Woche wieder herausstellen, wenn die nächste Kolumne fällig ist. Jetzt werde ich mich einer alten Idee widmen und sie endlich überarbeiten – eine Kurzgeschichte, die schon längst fertig sein sollte.
Viele Grüße von einer erst einmal Ideen wegschiebenden*
Stephie
*Aber nur vorerst. Sie kommen ins Notizbuch. Wer weiß, wann man sie noch einmal gebrauchen kann. 😉