Bill Bryson, It’s tea time, my dear

Bill Bryson, It’s tea time, my dear
Bill Bryson, It's tea time my dear!
Bill Bryson, It’s tea time my dear!

„It’s tea time, my dear“ ist das neueste Werk (2015) des Reiseschriftstellers Bill Bryson. Nach Jahrzehnten ist er nun auch auf dem Papier englischer Staatsbürger und nahm das noch einmal zum Anlass erneut durch ganz Großbritannien zu reisen. Ein paar der Orte, die er schon für „Reif für die Insel“ besucht hat, besucht er noch einmal und macht praktisch eine Revision. Er vergleicht seinen damaligen Eindruck mit dem heutigen. Der Großteil der Orte ist aber neu und in Reif für die Insel noch nicht besucht. Vom südlichsten Punkt bis in die nördlichste Ecke geht seine Reise: die neue sogenannte „Bryson-Linie“ von Bognor Regis bis Cape Wrath.

Bryson ist alt geworden und das ist sein neues Metier. Er blüht förmlich darin auf. Das ist sein Thema, dem er sich mit Humor in altbekannter Art und Weise widmet. Wenn man böse wäre, könnte man das Buch als die Reise eines alten meckernden Mannes beschreiben. Aber das ist es nicht. Es ist amüsant zu lesen, über welche Dinge sich Bryson aufregen kann – die Dummheit der Menschen ist eines davon und häufig hat er einfach Recht.

Sehr schön fand ich auch die „reflexartigen Hassobjekte“ (S. 219). Bryson schreibt: „Seit einiger Zeit bin ich der Ansicht, dass jeder etwa ein Dutzend Dinge verabscheuen dürfen sollte, ohne sich dafür rechtfertigen oder jemandem  erklären zu müssen, warum er sie nicht ausstehen kann.“ (S. 219). Darunter sind etwa Punkte wie „Leute, die Sachen „irre“ finden“ oder „Wasserkocher, die kein rotes Lämpchen besitzen, das einem verrät, ob sie eingeschaltet sind oder nicht“ (S. 220). Beim Lesen dieser Zeilen wollte ich unweigerlich auch eine solche Liste erstellen.

Durch seine Spaziergänge und Wanderungen in die Umgebung stößt er unweigerlich auf Kuriositäten. Jeder andere hätte wahrscheinlich den meisten Dingen keinen Blick gewürdigt, aber Bryson hat das Talent, selbst aus dem grauesten Ding/Ort/Begebenheit/Namen eine Merkwürdigkeit herauszurecherchieren. So schaut er sich bei seiner Tour etwa genauer das Benennungssystem der Autobahnen und Bundestrassen in Großbritannien an, was übrigens eine Wissenschaft für sich ist, wie sich herausstellte. Besteuerung von Essen, Zuglinien und ihre Planungen, Häuser von halbbekannten Schriftstellern, Hobby-Archäologen, die den richtigen Riecher hatten, der Einbürgerungstest und seine Tücken, die erste eiserne Eisenbahnbrücke der Welt und seine Erznemesis der National Trust sind nur ein paar Themen, die Bryson anschneidet. Alles gespickt mit Zahlen, Fakten und verrückten Vergleichen. Also wie man Bryson kennt und liebt.

Besonders schön finde ich auch die Dialoge, wenn Bryson sich mal wieder nicht zurückhalten kann oder seine Frau oder ein Freund nicht zur Stelle ist, ihn im richtigen Moment am Ellbogen zu packen und wegzuziehen. Den kleinen Besonderheiten der Engländer ist Bryson auch nach all den Jahrzehnten, die er nun schon dort wohnt, weiterhin auf der Spur und betrachtet sie mit einem verwunderten Blick. Manches findet er großartig, manches ist und bleibt ihm völlig schleierhaft. Eins steht fest, durch seine unkonventionelle Art schafft es Bryson, mich neugierig auf diese ganzen kleinen Orte auf der englischen Insel zu machen. Orte, die ich vielleicht neben den großen typischen Touristenzielen einfach ignorieren würde, die ich aber nun bei einer zukünftigen Englandreise fest einplanen will.

 

// Bill Bryson, It’s tea time, my dear, Goldmann Verlag 2017, ISBN 13: 9783442159246, 479 Seiten.

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