Gelesen: Kim Thúy, Die vielen Namen der Liebe

Gelesen: Kim Thúy, Die vielen Namen der Liebe
Kim Thúy, Die vielen Namen der Liebe, Kunstmann Verlag
Kim Thúy, Die vielen Namen der Liebe, Kunstmann Verlag

Die Bücher von Kim Thúy sind wie kleine Wochenendreisen aufs Land. Entspannend, ein bisschen exotisch, aber immer voll Liebe, Sehnsucht und Heimatgefühlen.

Kim Thúy erzählt in ihrem neuen Roman „Die vielen Namen der Liebe“ die Geschichte von Vi, ihren Brüdern und vor allem auch ihrer Mutter, die mit ihren Kindern aus Vietnam geflohen ist und in Kanada eine neue Heimat fand.

Der Deckeltext gibt das grundsätzliche Motiv so wunderbar wieder, dass ich ihn hier zitieren möchte: „Was ist Heimat, was bedeutet Fremde, wie wird etwas Vertrautes fremd und das Fremde vertraut?“ Genau darum geht es in diesem Buch. Heimatlosigkeit, die Suche nach der Fremdheit, aber auch die Suche nach dem Bekannten.

Genau wie ihren anderen Roman „Der Geschmack der Sehnsucht“, habe ich dieses Buch in einem Rutsch verschlungen und ich habe es sofort bedauert. Denn es ist viel zu kurz. Diese leise poetische Sprache könnte ich noch so viel länger lesen und will dass das Buch eigentlich um ein paar Hundert Seiten länger ist. Und auch den Figuren möchte ich noch länger über die Schulter schauen. Das ist mein einziger Kritikpunkt: Die Bücher von Kim Thúy sind perfekt, nur leider viel zu kurz.

Die Bücher sind außerdem wunderschön vom Kunstmann Verlag gestaltet worden. Schon bei „Der Geschmack der Sehnsucht“ hat mir die farbige zweisprachige Marginalgestaltung gut gefallen. Auch sie wird hier wieder verwendet. Die Kapitelüberschriften werden vertikal am Rand in Vietnamesische übersetzt. Eine wirklich tolle Idee; es ist wie ein kleines Wörterbuch. Die ständige Suche nach der richtigen Übersetzung und das Gefühl für die Mehrsprachigkeit, die Schwierigkeiten eine neue Sprache zu lernen und zu verstehen und die Verzweiflung, dass es manche Worte nicht in allen Sprachen gibt, gibt wunderbar die Zerrissenheit einer Familie auf der Flucht wieder. Es geht um Identität und Hoffnung.

Thúys Bücher sind gleichzeitig historische Romane und Zeugnisse höchster Aktualität. Ich werde sie wohl immer wieder lesen und freue mich über jede neue Erscheinung von ihr.

 

Kim Thúy, Die vielen Namen der Liebe, Kunstmann Verlag 2017, ISBN 9783956141683, 18 Euro. Aus dem Französischen von Andrea Alvermann und Brigitte Große.

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