Interview mit Beate Fuhrmann

Interview mit Beate Fuhrmann

1. Was schreiben Sie?

Mein Schreiben ist zunächst fast immer prozessorientiert. Ich schreibe kreativ, ich schalte den Verstand aus und schreibe mit dem Herzen; der Verstand, der innere Kritiker und der Perfektionist in mir, die haben dann frei, die kommen erst später wieder zu Wort, vielleicht. Das bedeutet, meine Texte sind in der Regel kurz, es entstehen Gedankenspaziergänge, Aphorismen, Gedichte, Texte, Briefe und Kurzgeschichten. Einen Teil davon poliere ich später auf. Ich arbeite aber zurzeit auch an zwei Projekten, einem neuen Kurzgeschichtenband und einem Buch übers Kreative Schreiben: über Achtsamkeit und Wortschatzarbeit, Schreibformen und Schreibimpulse, über heilsames Schreiben und gemeinsames Schreiben.

 

2. Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?

Ich kann mich nicht erinnern, nicht geschrieben zu haben. Ins Zentrum meines Lebens habe ich das Schreiben vor neun oder zehn Jahren gerückt – oder gestellt? – oder gezogen? Nein, es hat sich einfach breit gemacht – in Zeiten schwerer Krankheit und persönlicher Krisen. Ich durfte erfahren, wie heilsam es ist und dann auch, wie schön und bereichernd das Schreiben in Gruppen ist. Ich bin „den Weg des Künstlers“ gegangen (einen spirituellen Weg) und habe zunächst alles von den amerikanischen Schreiblehrerinnen Julia Cameron und Natalie Goldberg gelesen, dann die deutschen von Werder, H.-J- Ortheil und andere… Seit fast sechs Jahren unterrichte ich außer Deutsch und Fremdsprachen auch Kreatives Schreiben.

Beate Fuhrmann. Foto: B. Fuhrmann.
Beate Fuhrmann. Foto: B. Fuhrmann.

3. Wo schreiben Sie am liebsten?

Es gibt nicht wirklich einen Lieblings-Schreibort, aber da ich täglich schreibe, schreibe ich am häufigsten an meinem großen Tisch in der hellen Ecke, mein „Glücksort“ wo auch die Schreibtreffen stattfinden. Morgens immer, mit Kaffee und Kerzen, während der Tag näher kriecht. Ich schreibe aber auch in Cafés, auf Parkbänken, in Wartezimmern – immer, wenn etwas geschrieben werden will.

 

4. Warum Bonn?

Warum ich in Bonn lebe? Oder schreibe? Die Frage ist schwierig… Wir sind vor vielen Jahren als Familie von München in die Nähe von Bonn gezogen (der Arbeit wegen) und dann bin ich irgendwie hier in der Gegend hängengeblieben, inzwischen sind meine Kinder erwachsen und seit einem Jahr lebe ich wieder in Bad Godesberg und das war eine Super-Entscheidung! Mein >Actuaria< ist ein echter „Glücksort“ und ich mag Bonn, die vielen kulturellen Angebote und die netten Menschen, die ich kennenlernen durfte und darf, sehr.

 

5. Spielt Bonn eine Rolle in Ihren Geschichten und wenn ja, welche?

Ja, gelegentlich schon. Bei der ersten Veranstaltung von Kunst!Lesen in Bonn, im Sommer 2018, hatte ich für den Abend zum Thema >Bonn im Buch< vor, aus einem Buch meiner Freundin und Kollegin aus Qatar zu lesen, das ich lektorierte hatte und gerade ins Deutsche übersetzte. Sie hatte eine Weile in Bad Godesberg gelebt und ihr Buch spielt dort. Als das Kultusministerium in Qatar sich einmischte und das Übersetzungsprojekt scheiterte, schrieb ich darüber eine Geschichte, die „natürlich“ sehr autobiographisch war und auch in Bonn spielt und las sie bei der Veranstaltung. Aber Orte sind in meinen Geschichten oder Texten meistens nicht so wichtig.

 

6. Welchen Ort sollte jeder einmal in Bonn gesehen haben?

Vielleicht sollte jeder einmal im Cassius-Garten vorbeigeschaut und vor allem gegessen haben? Ich bin seit Ewigkeiten Vegetarierin und liebe das Essen dort sehr. Auch schreiben kann man dort und interessante Menschen treffen. Wenn ich mit meiner Freundin, einer Pianistin, eine neue Lesung mit Musik plane, treffen wir uns immer im Cassius-Garten – und zur Nachbesprechung auch. Aber auch durch die Friedrichstraße, einem stilvoll sanierten Teil der Fußgängerzone in Bonn, sollte man mal spaziert sein oder an der Rheinpromenade entlang. Dort bin ich aber nur gerne, wenn es nicht so voll ist.

 

7. Was lesen Sie gerade oder haben Sie eine Buchempfehlung?

Ich habe gerade „Kleine Feuer überall“ von Celeste Ng gelesen und parallel einen neuen Grisham-Thriller, weil ich sehr gerne englisch lese. Ich spreche aber nicht gerne Empfehlungen aus, weil die Geschmäcker bekanntlich sehr verschieden sind. Aber „Herkunft“ von Sasa Stanisic hat mich im vergangenen Jahr sehr beeindruckt, er hat wirklich Ahnung vom Kreativen Schreiben. Smile. Das kann ich empfehlen.

 

8. Gibt es eine andere Stadt, Ort oder Location, an der Sie gerne einmal schreiben würden?

Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Ich schreibe ja nicht der Orte wegen, sondern um zu schreiben. Und wenn ich irgendwo bin und „es schreibt mich“, dann schreibe ich, egal wo. Aber ich schreibe gerne in der Natur, das sollte ich öfter machen. An einem See, in den Bergen, am Strand…

 

9. Treffen Sie sich mit anderen Autoren? Wie vernetzen Sie sich?

Ich treffe mich mit anderen schreibenden Menschen bei meinen Schreibtreffen mindestens einmal pro Woche. Das ist oft berührend und sehr schön, weil sich die meisten (auch) durch ihre Texte zeigen. Mit produktorientierten Autoren habe ich nicht viel Kontakt, muss ich gestehen. Ich gehöre allerdings einem Netzwerk an mit vielen großartigen kreativen Frauen, „Kreativ am Fluss“, viele dort schreiben, und ich bin Mitglied in einer Literaturgruppe.

 


Beate Fuhrmann

Webseiten: 
Die Auftragsschreiberin, die Schreiblehrerin www.actuaria-kreativ.de
Die Sprachlehrerin www.beatefuhrmann.de

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