Leseflauten

Leseflauten

Wir hatten sie alle schon mal, nicht wahr? Die berühmte Leseflaute. Was gibt es Schlimmeres? Ok, die Schreibflaute ist auch wirklich unschön und kommt mindestens danach. Vielleicht steht sie aber auch auf der gleichen Stufe. Aber das ist ein anderes Thema. Ich habe ein interessantes Phänomen an mir festgestellt: Ich habe entweder eine Leseflaute, dafür läuft dann das Schreiben sehr gut. Oder ich habe eine Schreibflaute und dafür lese ich dann ganz viel. Es scheint, als könnte mein Kopf nicht beides gleichzeitig verarbeiten.

Aber was sind Leseflauten eigentlich?

Für mich sind Leseflauten diese Zeiten, wenn man zu gar keinem Buch Lust hat. Wenn man nicht wie sonst, es einfach aufnimmt und ein paar Seiten oder Kapitel liest. Nichts kann einen befriedigen, man ist völlig unzufrieden. Man findet überall nur Negatives: der Plot ist langweilig, die Figuren habe komische Ticks, die einen nerven und überhaupt die Sprache ist fürchterlich. Manchmal, wenn es ganz schlimm wird, greift man zu mehreren Büchern dieser Sorte und dann vergeht einem die Lust aufs Lesen komplett.

Eine andere Art der Leseflaute ist die, wenn ich unbedingt die ganzen Bücher lesen möchte, mich aber nicht entscheiden kann, mit welchem ich zuerst beginnen möchte und somit mich selbst in eine Art Pattsituation bringe. Fange ich nun mit dem nächsten Cozy Crime an, lese ich den neuen Thriller oder steht mir der Sinn doch eher nach einer fluffigen Liebesgeschichte oder nach einem Science-Fiction-Abenteuer? Warum habe ich keine 48-Stunden-Tage, damit ich das alles auch lesen kann? Dann starre ich unentschlossen auf meine Regale und die Buchrücken und verzweifle innerlich ein bisschen. Die Unentschlossenheit ist einfach blöd. Dagegen helfen manchmal vorgegebene TBRs. Nicht immer, denn mein Moodreader-Gehirn ist da gerne etwas freier unterwegs, aber naja.

Leseflauten kommen auch immer mal wieder vor, wenn ich besonders viel schreibe. Dann steckt mein Kopf voll und ganz in der eigenen Geschichte und es scheint kein Platz mehr für andere Dinge da zu sein. Es wird richtig gefährlich, wenn ich während des Schreibens des ersten Entwurfes etwas anderes lese. Zu groß ist die Gefahr, dass ich in das Vergleichen-Syndrom verfalle. ‚Wie macht die Autorin das? So gut werde ich niemals schreiben können. Das wird nie was.‘ Und schon bin ich in einer negativen Vergleich-Spirale, in die ich nie gelangen wollte. Gleichzeitig, darf ich beim Schreiben des ersten Entwurfes kein Buch lesen, dass aus einem völlig anderen Genre kommt. Denn dann, herzlich willkommen in der Unlogik meines Kopfes, ist es zu verführerisch für andere Plotgeister vorbeizuhuschen und mich von meinem eigentlichen Vorhaben abzulenken. ‚Könnte ich nicht auch eine Geschichte in diesem Genre verfassen? Das wäre doch mal interessant. Ist diese Geschichte nicht viel einfacher zu schreiben? Ich habe jetzt schon so viele Ideen dazu.‘ Das Shiny-new-Project-Syndrom hat zugeschlagen und ist ebenso gefährlich.

Ich muss also sehr genau aufpassen, was ich lese, wenn ich schreibe. Das macht die Sache nicht gerade einfacher.

Manchmal gibt es so Monate, da greife ich hintereinander weg zu wirklich unterirdischen Lektüren. Ein Buch nach dem nächsten, an dem ich etwas auszusetzen habe, das ich nicht beende oder einfach unzufrieden bin. Richtige Highlights wie 4- und 5-Sterne-Bücher sind in weite Fernen gerückt. Bin ich durch das Schreiben zu kritisch geworden? Oder habe ich gerade einfach kein Händchen bei der Auswahl der Bücher? Fragen über Fragen.

Wie definiert ihr Leseflauten? Über die Qualität oder die Quantität? Das würde mich mal interessieren.

 

Viele Grüße von einer Stephie, die gerade ganz zufrieden mit ihrer Lesequantität ist. Am Horizont der Schreibprojekte wird allerdings gerade eine kleine Wolke sichtbar, vielleicht zieht sogar etwas Wind auf und die Schreibflaute nähert sich dem Ende? Ich werde euch berichten. Der nächste Wetterbericht – äh die nächste Kolumne kommt bestimmt.

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